Montag, 20. Juni 2011

Filmtagebuch: Orca - Der Killerwal (1977)

Haie, Krokodile, Kraken und Piranhas gehören ja zum Standardrepertoire in der Welt des feuchten Tierhorrors. Aber ein Schwertwal als Killer - das hat eher Seltenheitswert. Umso erstaunlicher, dass diese obskure kleine Perle schon mehr als 30 Jahre auf dem Buckel hat, mit Richard Harris (Der Mann, den sie Pferd nannten), Charlotte Rampling (Angel Heart), Bo Derek (Tarzan - Herr des Urwalds), Will Sampson (Einer flog über das Kuckucksnest) und Robert Carradine (Flucht aus L.A.) auch durchaus interessant besetzt ist und dennoch fernab der Wahrnehmung der allermeisten Filmfreunde ihr Dasein fristet. Wer allerdings glaubt, Orca verließe sich auf Optik und Exotik seines Titelhelden und auf den damals schon bekannten Teil des Casts, der irrt gewaltig. Als wollten sie sichergehen, dass ihr Film in den Köpfen des Publikums festsetzt, verpassten die Produzenten ihm neben einer vollends bekloppten Story dennoch eine Ernsthaftigkeit, die selbst Spielbergs Genre-Schablone Der Weiße Hai bisweilen in den Schatten stellt und das Ergebnis nicht selten groteske Züge annehmen lässt.
Natürlich wurde auch dem Urvater aller fiesen Film-Fische seinerzeit so manche Eigenschaft angedichtet, die der Realität kaum standgehalten hätte. Was das Drehbuch allerdings hier mit dem Orca anstellt, geht auf keine Kuhhaut. Der Wal geht gezielt und strukturiert vor, um seine Rachepläne in die Tat umzusetzen. Dem Menschen ist er dabei in Sachen Intelligenz selbstverständlich mindestens ebenbürtig. Das arme Tier wird derart humanisiert, dass irgendwann schließlich einer der denkwürdigsten Sätze der Filmgeschichte fällt: "Ich habe seine Frau und sein Kind getötet, ich hoffe er wird mir verzeihen."
Neben einem 90-minütigen Ausflug ins Kuriositätenkabinett liefert der Film andererseits aber auch große Gefühle, tolle Aufnahmen und sogar einige gelungene Effekte. Orca funktioniert unglaublicherweise sogar als ernstzunehmendes Drama, dürfte bei Genrefreunden allerdings vor allem ob seiner schamlose Übertreibungen unvergessen bleiben.

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