Mittwoch, 5. Januar 2011

Filmtagebuch: Draculas Blutnacht (1958)

Im Jahr 1958 ließen nicht nur die legendären Hammer Studios ihren ersten Dracula auf das Kinopublikum los. Während in den britischen Lichtspielhäusern Peter Cushing Jagd auf Christopher Lee machte, schickte sich in Amerika ein gewisser Paul Landres an, Bram Stokers berühmtestes literarisches Geschöpf in die neue Welt zu entführen. Wie die Geschichte ausging, ist heute allgemein bekannt: Terence Fishers Film erlangte Ruhm und Kultstatus, Draculas Blutnacht hingegen verschwand in der Versenkung und tauchte erst wieder auf, als das weitgehend unbekannte Label Mr. Banker Films den Streifen auf den deutschen Markt brachten. Kein Wunder, bewegte man sich bei Hammer noch verhältnismäßig nah an der Vorlage und versprühte mit Schlössern, Postkutschen und Kostümen gotisches Flair, holten sich die Amis die vielleicht ur-europäischste aller Horror-Ikonen nach Hause und ließen ihn dort inkognito bei einer Durchschnittsfamilie wohnen. Dass diese Auslegung des Amerikanischen Traums den Mythos Dracula zu Staub zerfallen lässt, wie ein Sonnenstrahl den Grafen selbst, ist keine wirkliche Überraschung. Und so fühlt man sich auch eher an Filme der Kategorie von Hitchcocks Im Schatten des Zweifels erinnert denn an Murnausche Schauerbilder oder den aristokratischen Grusel eines Bela Lugosi. Nun reichen Inszenierung und Dialoge allerdings nicht einmal im zartesten Ansatz an Hitchs Raffinesse heran und so dümpelt die Handlung  vor sich hin, ohne dass der Zuschauer ernsthaft Grund zur Annahme hätte, es mit einem Vampirfilm zu tun zu haben. Denn von seiner beißfreudigsten Seite zeigt sich Dracula, oder Bellac Gordal, wie er sich hier nennt, nun gerade nicht. Und doch mag man diesen kleinen, komischen Film irgendwie. Zwar ist Francis Lederer dank der modernen Klamotten und seiner Optik, die irgendwo zwischen Dean Martin und dem Beißer liegt, relativ fehlbesetzt und bringt aber auch gar nichts Vampirmäßiges rüber, doch immerhin im „großen“ Finale kommt zunächst ein Eichenpflock zum Einsatz, bevor Dracula in einer ansprechend expliziten Szene gepfählt wird. Keine wirkliche Entschädigung, aber da auch der Rest des Films irgendwie sympathisch daherkommt, ist Draculas Blutnacht nicht nur für Blutsauger-Komplettisten interessant, sondern auch genrehistorisch mindestens einen Blick wert. Und den Knaller schlechthin bietet er auch noch: Während der wenig geschickt montierten Nahaufnahme eines in die Brust dringenden Holzpflocks erstrahlt die ansonsten schwarz-weiße Leinwand urplötzlich für zwei Sekunden im prachtvollem Rot des Blutes. Weiß der Henker, warum... 

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